Die wichtigsten
Argumente
gegen Klimaschutz

Faktencheck

Gründe FÜR Klimaschutz gibt es viele.
Aber was sind Argumente DAGEGEN?

Auch wenn die meisten Menschen sich mehr Klimaschutz wünschen, kommt dieser nur langsam voran. Das liegt unter anderem daran, dass in der Politik und der öffentlichen Diskussion immer wieder Gründe genannt werden, warum Klimaschutz nicht sinnvoll oder umsetzbar sei. Wir haben die häufigsten Argumente gesammelt und überprüft, wie zutreffend sie sind.

Die Argumente lassen sich in fünf Gruppen einteilen, je nachdem gegen welche Kernthese zum Klimaschutz sie sich wenden.

1

These: Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit. 16:00

Woher sollen wir wissen, was passieren wird? Niemand kann die Folgen des Klimawandels vorhersehen.

Faktencheck

Wir sind alle keine Hellseher und es gibt keine 100-prozentige Sicherheit. Jedoch stimmen 97% der Klimatologen darin überein, dass es die Erderwärmung gibt und sie von Menschen verursacht wird. In der Wissenschaft wird eine Fragestellung von allen möglichen Forschern mit einer Vielzahl von Hypothesen durch verschiedene Methoden, Experimenten etc. nach wissenschaftlichen Kriterien getestet und überprüft. Stück für Stück fallen die Hypothesen weg, die sich unter Einhaltung wissenschaftlicher Standards nicht bestätigen lassen. Bezogen auf den Klimawandel gehen die Klimamodelle seit den 70ern alle in die gleiche Richtung: Es gibt den menschengemachten Klimawandel. Und er geht immer schneller voran. (1)

Ein wichtiger Punkt ist dabei der Unterschied zwischen Wetter und Klima:
Wetter bezeichnet lokale und kurzfristige Zustände. Wettervorhersagen können nur einige Tage im Voraus geschehen, weil sie den Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt messen und dann schrittweise in die Zukunft rechnen. Dieser Anfangszustand der Atmosphäre ist von vielen Einflussfaktoren abhängig, z.B. Druck, Wind, Temperatur. Deshalb sind Wettersimulationen sehr störungsanfällig - kleinste Änderungen haben große Auswirkungen auf die Prognose.

Klima-Modelle hingegen beschreiben nicht die Temperatur an einem bestimmten Tag, sondern einen Trend, d.h. sie geben einen Durchschnitt des Wetters über einen langen Zeitraum – mindestens 30 Jahre – an.  Das Klima zeigt somit globale, langzeitige Entwicklungen. Klima-Modelle werden getestet, indem geschaut wird, ob sie in der Vergangenheit korrekt vorhergesagt haben, was inzwischen passiert ist. Die Berichte des Weltklimarats (IPCC) waren dabei bisher sehr vorsichtig mit "alarmistischen" Prognosen und haben den Klimawandel und seine Folgen in der Vergangenheit tendenziell sogar eher zu gering, als zu groß vorhergesagt. (2)

Auch haben Klimamodelle in der Vergangenheit zuverlässig vorhergesagt, dass unterschiedliche Regionen vom Klimwandel unterschiedlich stark betroffen sind. Im Mittel erwärmen sich z.B. Seegebiete weniger als der weltweite Durchschnitt. Landgebiete erwärmen sich dafür im Mittel mehr als der weltweite Durchschnitt. (3)

 

Quellen:

(1) Cook et al (2013)

(2) Brysse et al (2013)

(3) Jia et al. (2019)

Die Folgen des Klimawandels sind gar nicht schlimm.

Faktencheck

Deutschland war bisher vergleichsweise wenig betroffen, doch auch wir bemerken zunehmend die Folgen der Erderwärmung, z.B. die Dürresommer 2018 und 2019 oder die Flutkatastrophe im Sommer 2021. Durch normale Schwankungen gibt es immer wieder wärmere und kältere Jahr. Jedoch werden durch den Klimawandel extreme Wetter- bzw. Witterungsphänomene wie z.B. Dürresommer deutlich häufiger und stärker. Das ist unter anderem schlecht für die Landwirtschaft, aber auch für den Rest der Gesellschaft, denn die deutsche Infrastruktur und Lebensweise sind nicht auf ein verändertes Klima ausgerichtet. Auch eine Anpassung ist extrem teuer und nur begrenzt möglich. (1)

Über die Welt verteilt wird es eine unterschiedlich starke Erwärmung geben. Insbesondere erwärmen sich Landgebiete deutlich stärker als Seegebiete. (2) Bei einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um eine bestimmte Gradzahl ist also in weiten Teilen Deutschlands mit einer deutlich stärkeren Erwärmung zu rechnen, als diese Gradzahl. Darüber hinaus deutet Vieles darauf hin, dass sich Erwärmungsprozesse selbst gegenseitig verstärken, es also zu Rückkopplungen kommt. (3) Z.B. werden durch Waldbrände, die durch die Erderwärmung verursacht wurden, wieder große Mengen an CO2 freigesetzt, was die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre noch erhöht.

In vielen Regionen - ganz besonders in tropischen und subtropischen Gebieten - treten Naturkatastrophen, wie Überschwemmungen, Waldbrände, Dürren, schon heute vermehrt auf. (4) Die wirtschaftlichen Schänden, die durch solche Extremwetterereignisse verursacht werden, sind bereits sehr groß. (5) Manche Wirtschaftszweige in manchen Regionen werden jedoch auch vom Klimawandel profitieren, (6, 7)  z.B: Teile Sibiriens die bei Erwärmung landwirtschaftlich fruchtbarer werden (8). Jedoch sind die absehbaren wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels für die allermeisten Staaten in der Summe eindeutig negativ. (9)

 

(1) Klimafakten (2016)

(2) Jia et al. (2019)

(3) IPCC (2013), zur Erklärung z.B. Klimafakten (2017)

(4) EKD (2009)

(5) NOAA National Centers for Environmental Information (2021)

(6) Klimafakten (2017)

(7) Zhang und Cai (2011)

(8) Klimafakten (2016)

(9) Kompas, Pham und Che (2018)

Das Klima hat sich immer schon geändert. Mensch und Natur können sich doch anpassen.

Faktencheck

Tiere und Pflanzen sind in begrenztem Maße anpassungsfähig. Immer wieder kam und kommt es durch veränderte Umweltbedingungen zu der Entstehung neuer Arten. Solche evolutionsbiologischen Veränderungen vollziehen sich aber über lange Zeiträume. So begann die Evolution des Menschen vor mehreren Millionen Jahren. (1) Auch in der vorindustriellen Zeit gab es Tierarten, die ausgestorben sind, weil sie sich nicht schnell genug ans veränderte Klima angepasst haben. Durch den menschengemachten Klimawandel gehen diese Veränderungen in den letzten 130 Jahren jedoch viel schneller vonstatten, als dies über die letzten 65 Millione Jahre der Fall war. (2) So schnell, dass Mensch und Tieren die Zeit zur Anpassung fehlt, weshalb viele Arten vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben sind. (3). Allein in den letzten 10 Jahren mussten 483 Tier- und Pflanzenarten für ausgestorben und 5706 für extrem gefährdet (critically endangered) erklärt werden. (4)

Über viele Studien hinweg zeigt sich, dass in der Geschichte bereits geringere Klimaveränderungen, als die heute drohende, die Stabilität von Zivilisationen gefährdet, Kriege begünstigt und den Kollaps ganzer Gesellschaften mit verursacht haben. (5)

Zwar hört sich 4 Grad Temperaturunterschied, die uns bei ungebremstem Treibhausgasausstoß drohen, im ersten Moment nicht dramatisch an. Aber selbst auf dem Höhepunkt der letzten großen Eiszeit, als weite Teile von Europa mit kilometerdicken Gletschern bedeckt waren, war es im globalen Mittel „nur“ ca. 6 Grad kälter. Eine Welt mit einem um wenige Grad veränderten Klima sieht also vollkommen anders aus, als die, die wir kennen. (6, 7)

 

(1) Maslin, Shultz und Trauth (2015)

(2) Westerhold et al. (2020)

(3) Radchuk et al. (2019)

(4) The IUCN Red List of Threatened Species (Version 2021-1)

(5) Hsiang und Burke (2014)

(6) IPCC (2014)

(7) Tierney et al. (2020)

Andere Themen sind viel wichtiger: Arbeitslosigkeit, Armut, Krieg…

Faktencheck

Viele anderen Themen sind zweifellos sehr wichtig und mögen vor allem auf kurze Sicht dringlicher erscheinen. Jedoch hängt der Klimawandel mit vielen dieser Themen zusammen und verstärkt Probleme wie Armut und Krieg dramatisch.

So kommt es durch Klimawandel heute schon zu Dürren, Wasserknappheit, aber auch Überschwemmungen. Das betrifft ganz besonders Länder im Globalen Süden, die in Zukunft noch stärker betroffen sein werden. (1, 2) Die steigende Anzahl an Naturkatastrophen und Extremwetterereignissen durch den Klimawandel, werden ein Leben in den betroffenen Regionen in Zukunt gefährlicher und schwieriger bis hin zu unmöglich machen. Auch sind teure Schutz- und Anpassungsmaßnahmen (wo überhaupt möglich) in wirtschaftlich armen Ländern ganz besonders schwer zu finanzieren. Viele Menschen werden z.B. durch ausbleibende Ernten und höhere Lebensmittelpreise noch stärker unter Hunger leiden als heute schon. Landwirte verlieren ihre Lebensgrundlage - die Felder - wodurch die Armut steigt. (2)

Die Gefahr von Kriegen um Ressourcen steigt und früher oder später werden unzählige Menschen in weniger stark vom Klimawandel betroffene Regionen fliehen. Z.B. schätzt die Bundeszentrale für politische Bildung, dass 200 Millionen Menschen aufgrund des Klimawandels nach Europa fliehen könnten. (3) Außerdem werden Menschen, deren Lebensgrundlagen zerstört sind anfälliger dafür sich von bewaffneten Gruppen, wie z.B. der Terrororganisation Boko Haram, rekrutieren zu lassen. Diese geben den Verzweifelten die Aussicht auf ein besseres Leben und könnten den Versuch unternehmen, Ressourcen zu kontrollieren. Dadurch vermehrt sich wiederum Gewalt und bewaffneten Konflikten. (4)

Auch in Deutschland werden ärmere Bevölkerungsgruppen am schnellsten und stärksten unter der Erderwärmung leiden und der Wohlstand Deutchlands ist durch den Klimawandel gefährdet. Deshalb gehören Klimaschutz und Themen wie soziale Gerechtigkeit oder Friedenssicherung eng zusammen.

 

 

(1) EKD (2009)

(2) IPCC (2014)

(3) bpb/Schraven (2019)

(4) Schaller, Schulz und Mosello (2020)

Der Klimawandel betrifft die Menschheit erst in der Zukunft.

Faktencheck

Bis zu fünf Milliarden Menschen könnten bereits bis 2050 - also in weniger als 30 Jahren - von Ernteverlusten, Wasserverschmutzung und Stürmen bedroht sein. Die Länder des Globalen Südens sind dabei am stärksten gefährdet. (1) Auch heute schon sind die Folgen der Erderwärmung, gerade in tropischen und subtropischen Regionen und in Ländern des Globalen Süden extrem spürbar. (2) In Deutschland kam es zu Dürren in den Hitzesommern 2018 und 2019, die große Einbußen vor allem für die Landwirtschaft bedeutete. (3, 4) Mit zunehmender Erderwärmung werden die Folgen drastischer. So lassen beispielsweise Berechnungen eine Verringerung der Grundwasserneubildung in näherer Zukunft vermuten, was zu Wasserknappheit und damit einhergehenden Nutzungskonflikten führen kann. (5) Die menschliche Gesundheit würde physisch und psychisch, durch die Auswirkungen von gehäuften Extremwetterereignissen, massiv belastet. Stürme, Überflutungen und Hitzewellen könnten zu Belastungen der Organe, Unfällen, sowie posttraumatischen Belastungsstörungen führen. Extreme Temperaturen erhöhen das Risiko für Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen. (6)

Solche Gesundheitsschäden sowie die Beschädigung der Infrastruktur und Eigentum bedeuten außerdem hohe Kosten für Wirtschaft und Gesellschaft. Beispielsweise waren zwischen 1980 und 2011 mehr als 5 Millionen Personen von Überschwemmungen (die durch den Klimawandel in Zukunft häufiger werden) betroffen, was einen wirtschaftlichen Schaden von über 90 Milliarden Euro verursachte. (7) Die Schäden für die Flutkatastrophe im Sommer 2021 werden auf 30 Milliarden Euro geschätzt.

Da die Erderwärmung keine linearer Entwicklung folgt, sondern näherungsweise exponentiell ansteigt (8, 9), können sehr schwerwiegende Folgen für Deutschland sogar schon früher eintreffen. (10)

(1) Chaplin-Kramer et al. (2019)

(2) IPCC (2018)

(3) Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (2020)

(4) Umweltbundesamt (2020)

(5) Fliß et al. (2021)

(6) Nikendei et al. (2020)

(7) Europäische Kommission (o.J.)

(8) IPCC (2014)

(9) Kühn (2020)

(10) Coumou und Robinson (2013)

2

These: Um die Klimakrise aufzuhalten brauchen wir einen grundlegenden Wandel der Gesellschaft 16:35

Es ist gar nicht bewiesen, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Es bringt nichts, wenn wir uns ändern.

Faktencheck

In der Wissenschaft gibt es einen sehr eindeutigen Konsens, dass der Klimawandel menschengemacht ist. (1)

Der Treibhausgas-Ausstoß durch Menschen ist relativ klein, verglichen mit dem CO2, welches durch die Natur (z.B. aus Böden, Ozeanen) freigesetzt wird. Jedoch handelt es sich bei den CO2-Freisetzungen durch die Natur um Teile eines Kreislaufs, bei dem nur so viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen wird, wie ihr auch wieder entzogen wird. Der Mensch hingegen verursacht heute einen großen Ausstoß an Treibhausgas, ohne ähnlich große Mengen aus der Atmospäre zurückzunehmen. (2) Mit menschengemachten Treibhausgasaustoß-Ausstoß sind hierbei in erster Linie die Emissionen von CO2 und Methan gemeint, die beispielsweise durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern, oder durch die Viehhaltung verursacht werden. (3)

 

(1) Cook et al. (2013)

(2) IPCC (2013), zur Erklärung siehe insbesondere Wayne/Klimafakten (2014)

(3) Alexander/Klimafakten (2015)

Wenn die Folgen zu schlimm werden, können wir immer noch reagieren.

Faktencheck

Nein - leider nicht, denn, kurz gesagt: Wenn wir in Europa die Folgen schwer zu spüren bekommen, ist bereits ein unaufhaltsamer Dominoeffekt angestoßen. Die Klimaerwärmung vollzieht sich immer schneller und nicht linear (1). Ab gewissen kritischen Schwellen werden sogenannte Kippunkte überschritten, was abrupte, dramatische Änderungen zur Folge hat. (2) (3) Diese Prozesse können nicht rückgängig gemacht werden und bestehen für lange Zeit. Es ist sehr gut möglich, dass wir Menschen uns an diese drastischen Klimaänderungen, wenn sie einmal eingetreten sind, nicht schnell genug anpassen können. Kipppunkte sind unter anderem das Schmelzen des Eises in der Arktis, Antarktis, in Grönland und von Gletschern generell, wodurch der Meeresspiegel ansteigt und es zu Überschwemmungen kommt. Auch die Austrocknung des Amazonas-Regenwaldes, der Millionen Tonnen CO2 speichert und sehr wichtig für das Ökosystem ist sowie das Auftauen von Permafrostboden, welches viel Methan und Co2 freisetzt gehören zu den Kippunkten. (3) (4)

 

(1) IPCC (2019),Kühn (2020)

(2) Ritchie & Roser (2020)

(3) IPCC (2018)

(4) UBA (2008)

Es wird in Zukunft technische Möglichkeiten geben den Klimawandel zu verhindern z.B. indem man Treibhausgas wieder aus der Atmosphäre zieht, sodass es egal ist, wie viel wir heute ausstoßen.

Faktencheck

Solche technischen Möglichkeiten werden Geo-Engineering genannt. Mit ihnen sollen Klima- und Erdsysteme manipuliert werden, um dem Klimawandel entgegenzutreten. (1) Auf den ersten Blick scheinen Vorteile des Geo-Engineerings zu sein, dass die Gesellschaft nur geringe Verhaltensänderungen zeigen muss. Allerdings steckt die Forschung zu diesem Thema noch "in den Kinderschuhen". Wirksamkeit und "Nebenwirkungen" sind daher teilweise schwer absehbar und es fallen bei intensiverer Forschung am Thema immer wieder Risiken und Probleme auf, die vorher nicht bedacht wurden. Dass in absehbarer Zeit Geo-Engineering in großem Stil einsetzbar ist, ist unwahrscheinlich. (1) (2)

Grundsätzlich werden in der Wissenschaft vor allem zwei Arten von Geoengineering diskutiert: solar radiation management und verschiedene Ansätze für negative Emissionen. Solar radiation management soll erreichen, dass weniger Sonnenstrahlung die Erde erreicht, bei negativen Emissionen geht es darum, der Atmosphäre Treibhausgase zu entziehen. Beide Ansätze sind aber mit erheblichen Problemen verbunden.

Zum Beispiel ist unklar, welche Effekte solar radiation management (dass z.B. durch Verteilen von Schwefelverbindungen in der Stratosphäre funktionieren soll) auf das Klima hätte. Auch wenn es so gelingen sollte, damit die globale Klimaerwärmung zu begrenzen, wäre mit erheblichen Klimaveränderungen z.B. in Bezug auf Niederschläge (3) und mit großen politischen Konflikten (4) zu rechnen. Auch senkt solar radiation management nicht den Anteil von Treibhausgasen in der Atmosphäre, die über ihre Klimawirkung hinaus z.B. auch eine Versauerung der Meere bewirken. (4)

Negative Emissionen lassen sich insbesondere auf zwei Wegen erreichen: mit Hilfe von Pflanzen oder mit Hilfe technischer Anlagen, die der Atmosphäre CO2 entziehen. (5) Um der Atmosphäre mit Hilfe von Pflanzen auf Dauer größere Mengen CO2 zu entziehen, muss das in den Pflanzen gespeicherte CO2 aber z.B. durch unterirdische Speicherung daran gehindert werden wieder in die Atmosphäre zu gelangen. (Wieder in die Atmosphäre gelangt dieses CO2 z.B. durch Verrotten oder Verbrennen). Damit geht einher, dass sehr große Flächen benötigt werden, die dann nicht (oder nur eingeschränkt) für den Anbau von Lebensmitteln zur Verfügung stehen.

Filteranlagen, die der Atmosphäre CO2 entziehen, werden aktuell erforscht. (6) Es benötigt allerdings sehr viel Energie, der Atmosphäre auf diesem Weg viele Milliarden Tonnen CO2 zu entziehen. (7) Diese Energie müsste natürlich ihrerseits treibhausgasneutral gewonnen werden. Selbst nach optimistischen Schätzungen wäre die intensive Nutzung eines solchen Ansatzes teuer und seine Übertragbarkeit auf den größeren Maßstab (Skalierbarkeit) ist unsicher. (5) (6)

Negative Emissionen sind also keine praktikable Alternative zur Vermeidung von Treibhausgasausstoß. Zwar sind sie in vielen Plänen zum Erreichen des Pariser Abkommens bereits in einem gewissen Maß eingeplant, aber dies nur um in Zukunft zusätzlich zu umfangreichen Maßnahmen der Vermeidung von Treibhausgasausstoß der Atmosphäre CO2 zu entziehen. (8)

 

(1) Heinrich-Böll Stiftung (2018)

(2) Staud/Klimafakten (2019)

(3) Barrett et al. (2014)

(4) Abatayo et al. (2020)

(5) Minx et al. (2018)

(6) Keith et al. (2018)

(7) Realmonte et al. (2019)

(8) Marcucci (2017)

Wenn jeder Einzelne ein bisschen mehr auf Nachhaltigkeit achtet kann eigentlich alles bleiben wie es ist.

Faktencheck

Persönliche Veränderungen können den Treibhausgasausstoß reduzieren, jedoch ist es in Deutschland fast nicht möglich klimaneutral zu leben. Es braucht also in jedem Fall strukturelle Änderungen.

Die Möglichkeit, Treibhausgase im Privaten einzusparen, ist in Deutschland oft vorhanden: Im Jahr 2019 verursachte ein Deutscher durchschnittlich 7,9 Tonnen CO2-Ausstoß. Der globale Durchschnitt lag bei nur 4,8 Tonnen. (1) Wenn man sich den Ausstoß von CO2 nach Sektor anschaut, wird klar, dass es Unterschiede gibt. Einsparungspotentiale sind v.a. im Transportsektor (auto- und flugfreies Leben) und im Energiesektor (energieeffiziente Gebäudesanierung) gegeben. Während die Reduktion von Plastikabfällen im Schnitt weniger bewirkt (und trotzdem auch wichtig ist).

Jedoch: Innerhalb bestehender Strukturen ist es als Individuum kaum möglich auf einen CO2 Ausstoß nahe null zu kommen, da beispielsweise ein autofreies Leben nur möglich ist, wenn die Infrastruktur für Fahrräder, oder ÖPNV vorhanden ist. Menschen, die in Miethäusern wohnen, können keine energetische Gebäudesanierung durchführen. Und oftmals fehlt einfach das Geld, um nachhaltige Investitionen zu tätigen, z.B. die Dämmung des Hauses.


 

 

(1) Breitkopf (2021a), Breitkopf (2021b)

(2) Ivanova et al. (2020)

Technische Umstellungen werden das Problem lösen.

Faktencheck

An vielen Stellen sind technische Umstellungen enorm wichtig. Trotzdem verbraucht auch effiziente Technik Energie. Insbesondere für eine Übergangsphase kann noch nicht all diese Energie klimaneutral erzeugt werden. Damit wir nicht bereits in den nächsten Jahren so viel Treibhausgase ausstoßen, dass ein starker Klimawandel ausgelöst wird, müssen wir durch Änderungen unserer Lebensweise dafür sorgen, dass der Energieverbrauch möglichst gering ist. (1)

Außerdem benötigt die entsprechende Technik Rohstoffe, zum Beispiel Lithium für Batterien. Deren Abbau und Aufbereitung können teilweise problematische soziale und ökologische „Nebenwirkungen“ haben. (1) Insofern, sind technische Umstellungen an manchen Stellen „nur“ ein „kleineres Übel“. Außerdem sind viele Rohstoffe nicht unendlich verfügbar und sollten daher möglichst sparsam eingesetzt werden.

An einigen Stellen gibt es außerdem bisher keine technischen Lösungen, z.B. in der Tierhaltung, bei der Zementproduktion, oder bei den Nicht-CO2 Effekten von Flugzeugen (veränderte Wolkenbildung, die wiederum das Klima beeinflusst). (1) (2)

 

(1) Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. München: oekom

(2) Niklaß et al. (2020)

Der Markt wird das Problem lösen, es braucht keine zusätzlichen Regelungen.

Faktencheck

Märkte können Teil der Lösung sein, doch im Moment lässt der Markt Umweltkosten bei der Preisbildung meist unberücksichtigt („Externalisierung von Kosten“). Das heißt, Umweltschäden und ihre Folgekosten bleiben für die Mechanismen, über die sich der Markt regelt, aktuell ausgeklammert. (Aktuell gibt es darüber hinaus erhebliche Subventionen für fossile Energieträger wie Kohle und Öl (1) (2)  die dem klimaschädlichen Einsatz dieser Energieträger auf dem Markt Vorteile verschaffen (3) ) Nur wenn politische Rahmenbedingungen gesetzt werden, z.B. in Form eines CO2 Preises, kann der Markt den Klimaschutz voranbringen.

Da wir unseren Treibhausgasausstoß aber schnell sehr deutlich senken und letztlich auf Netto-Null bringen müssen um einen drastischen Klimawandel zu verhindern, müsste der CO2 Preis sehr hoch sein, wenn er als einzige Maßnahme schnell und stark genug wirken soll. Es ist zudem unklar, ob sich durch Treibhausgaspreise alleine der schnelle Umbau oder Aufbau ganzer Infrastrukturen (z.B. Ladeinfrastruktur zum Laden von E-Autos) erreichen lässt. (4) Auch würde ein hoher Treibhausgaspreis ohne begleitende Maßnahmen, insbesondere ohne sozialen Ausgleich, Verbraucher mit niedrigem Einkommen belasten. (5) Daher sind zusätzlich zu Marktmechanismen und Treibhausgaspreisen weitere Regelungen für den Klimaschutz erforderlich.

 

(1) UBA (2016)

(2) Coady et al. (2017)

(3) Boyce (2018)

(4) Tvinnereim & Mehling (2018)

(5) Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. München: oekom

3

These: Dafür müssen alle an einem Strang ziehen und Verantwortung übernehmen. 17:12

Es ist schon zu spät für Klimaschutz, der Klimawandel ist sowieso unvermeidbar. Wir sollten jetzt lieber auf Anpassung setzen als auf Emissionsreduktion.

Faktencheck

Der Kimawandel an sich ist zwar bis zu einem gewissen Punkt schon da. Doch die meisten schweren Folgen sind, wenn wir schnell handeln, noch vermeidbar, wohingegen jede weitere Erwärmung das Problem vergrößert. So sind durch die Erderwärmung verursachten Risiken für Mensch und Tier bei 1,5°C Erwärmung höher als heute, jedoch nicht so hoch wie bei 2°C Erwärmung oder erst Recht bei noch höherer Erwärmung. Es lohnt sich - auch finanziell! - jede zusätzliche Erwärmung zu verhindern. (1) (2) Sich an diejenige Erwärmung, die sich auch mit konsequentem Klimaschutz nicht mehr verhindern lässt anzupassen ist natürlich trotzdem sinnvoll.

 

(1) IPCC (2018)

(2) Kompas, Pham & Che (2018)

Wir tun doch schon so viel für den Klimaschutz!

Faktencheck

Keines der Klimaprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien ist zu einer Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens ausreichend, auch wenn große Unterschiede zwischen den Programmen bestehen. (1) Die bisher in Deutschland umgesetzten Maßnahmen sind ebenfalls bei weitem nicht konform mit dem 1,5-Grad-Ziel. (2) Anpassung und Verschärfung von Maßnahmen sind daher dringend notwendig. Auch wenn Klimaschutz in der politischen Debatte ein immer größeres Thema wird, sind unsere CO2 Emissionen in den letzten Jahrzehnten nur langsam gesunken und im Jahr 2021 sogar wieder gestiegen. (3)

Gleichzeitig ist es, auch wenn die Wahrnehmung anders sein mag, gar nicht so, dass wir als Gesellschaft besonders viel für Klimaschutz tun würden. Z.B. wächst der Verkehr stetig: LKWs und PKWs emittieren zwar durch technische Neuerungen weniger Treihausgase als 1995 (z.B. sanken die kilometerbezogenen Emissionen von CO2 bei LKW durchschnittlich um 33%). Jedoch sind viel mehr Fahrzeuge auf den Straßen. Daher sind die absoluten CO2-Emissionen im Straßengüterverkehr heute (Stand 2020) um 22% höher als 1995. Im Pkw-Verkehr nahmen die CO2-Emissionen zwischen 1995 und 2018 um 14% zu. (4)

Auch unser Wohnraum vergrößert sich: So besaßen z.B. 2018 mehr als 1/3 der deutschen Haushalte ein Ein- oder Zweifamilienhaus. In 60% dieser Häuser wohnten nur ein bis zwei Personen. Der Wohnraum ist also teilweise groß, während der energetische Standard dabei oftmals sehr niedrig ist. (5) Auch die Zahl der Flüge wächst und die Menge an konsumiertem Fleisch geht zwar zurück, allerdings nicht sehr stark.

 

(1) DIW Econ (2021)

(2) Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. München: oekom; Bundesverfassungsgericht (2021)

(3) UBA (2021)

(4) UBA (2020)

(5) Ökoinstitut (2021)

Deutschland stößt nur 2 Prozent der Treibhausgase aus. Andere Länder wie China oder die USA müssen handeln!

Faktencheck

Der direkte Ausstoß in Deutschland mit Importen und Exporten macht ca. 2% der globalen Treibhausgasemissionen aus. (1) (2) Es gibt jedoch Argumente, warum es trotzdem wichtig ist, was Deutschland tut:

Deutschland hat nur 1% der Weltbevölkerung. Zum Vergleich: China, mit 18,48% der Weltbevölkerung (3), stößt 28% aus. (2) Und in Indien leben 18,05% der Weltbevölkerung (1), Indien stößt aber nur 6,8% aus (1). Die Pro-Kopf-Emissionen sind damit in Deutschland doppelt so groß wie im Weltdurchschnitt. (4 Wenn man die Vergangenheit mit einbezieht, ist Deutschland einer der größten Verursacher von Treibhausgasemissionen insgesamt. (5)

Hochindustrialisierte Staaten wie Deutschland haben außerdem eine wichtige Rolle dabei, Technologien und Infrastruktur für eine treibhausgasneutrale Gesellschaft im großen Maßstab voranzutreiben damit sie weltweit leichter zur Verfügung stehen. So kann Deutschland z.B. dadurch, dass es im großen Stil erneuerbaren Strom erzeugt, dazu beitragen, dass günstige und erprobte Anlagen zur erneuerbaren Stromerzeugung (insbesondere auch für Staaten des Globalen Südens) günstig verfügbar werden.

Das Ziel weltweiter Klimaneutralität ist nur zu erreichen, wenn alle Teile ihren Beitrag leisten, egal wie groß oder klein sie sind.

 

(1) Ritchie & Roser (2020)

(2) Breitkopf (2021a)

(3) Urmersbach (2021)

(4) Breitkopf (2021b)

(5) Matthews et al.(2014)

(6) Hickel (2020)

(7) Rifkin (2019): Der globale Green New Deal. Frankfurt/New York: Campus

Klimaschutz schwächt unsere Wirtschaft. Andere Länder werden nicht mitmachen und uns überholen.

Faktencheck

Insgesamt kommt eine große, im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) durchgeführte Studie zu dem Schluss, dass konsequenter Klimaschutz der deutschen Wirtschaft durch neue Märkte und Investitionen insgesamt eher nutzen als schaden wird. (1)

Gerade ein Treibhausgas-Preis kann aber möglicherweise die internationale Wettbewerbsfähigkeit mancher Teile der Deutschen Industrie gefährden und zur Produktionsverlagerung in andere Länder führen („Carbon Leakage“), wenn nicht entsprechend entgegengewirkt wird. Um das zu verhindern wird - neben anderen Mechanismen - ein sogenannter CO2-Grenzausgleich diskutiert. (2) Ein CO2-Grenzausgleich läuft im Wesentlichen auf Folgendes hinaus: für Produkte, die in Ländern produziert werden, in denen es keinen vergleichbaren Treibhausgas-Preis gibt, muss ein Treibhausgaspreis bezahlt werden, wenn sie importiert werden. Somit soll verhindert werden, dass Importe aus Ländern ohne vergleichbaren Treibhausgaspreis einen Vorteil gegenüber inländischer Produktion haben, die direkt von Treibhausgaspreis betroffen ist.

Gleichzeitig besteht möglicherweise die Gefahr einer "fossilen Blase", wenn die Wirtschaft nicht rechtzeitig auf neue, klimaneutrale Infrastruktur und Technologie umgestellt wird. Das bedeutet, dass z.B. Inverstitionen in Anlagen und Rohtoffe eng mit den fossilen Energieträgern Öl, Erdgas und Kohle verbunden sind, entwertet werden, wenn sie von immer effizienterer klimaneutraler Technologie überholt werden. Schon heute ist die Stromerzeugung mit Photovoltaik-Anlagen in vielen Teilen der Welt günstiger als alle anderen Technologien. Autohersteller, die zu lange auf Verbrennungsmotoren setzen, könnten durch Hersteller, die bereits früher in die Entwicklung von E-Autos investieren, vom Markt verdrängt werden. In absehbar überholte fossile Technologien zu investieren ist also auch wirtschaftlich ein Risiko. (3)

 

(1) Gerbert et al. (2019)

(2) DIHK (2019), Hecht & Peters (2019), Europäische Kommission (o.J.)

(3) Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. München: oekom; Rifkin (2019): Der globale Green New Deal. Frankfurt/New York: Campus

Treibhausgase sollten da eingespart werden, wo es am günstigsten und leichtesten ist.

Faktencheck

Grundsätzlich stimmt das, allerdings müssen alle gesellschaftlichen Bereiche ihre Emissionen deutlich verringern, wenn in der Summe Klimaneutralität erreicht werden soll. Auch wenn manche Maßnahmen einfacher und günstiger sind als andere und nach Möglichkeit schnell umgesetzt werden können, müssen in absehbarer Zeit auch die schwierigen und teuren Umstellungen gemacht werden.

 

(1) Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. S. 31

(2) Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. S. 54

Nicht unser Lebensstil ist das Problem – die Erde ist einfach nur überbevölkert.

Faktencheck

Die Länder mit dem größten Treibhausgas-Ausstoß sind oft Länder mit niedriger Geburtenrate, also so gut wie ausschließlich Industrienationen wie, z.B. Deutschland. (1) Außerdem würde auch bei einer Stagnation oder sogar einem Rückgang der Bevölkerungszahl weltweit der Klimawandel weiter voranschreiten, insbesondere weil reiche Nationen einen großen Ausstoß haben. Was sich für den Klimaschutz ändern muss, ist also der Ausstoß und damit in gewisser Weise der Lebensstil und nicht die Bevölkerungszahl.

Tatsächlich sinkt die Geburtenrate weltweit schon seit Jahrzehnten, doch trotzdem soll es bis Mitte des Jahrhundert noch zu einen Bevölkerungsanstieg kommen, erst dann sinkt die Zahl wieder ab. (2) Wenn wir noch schneller geringere Geburtenraten bei gleichzeitig längerer Lebenserwartung hätten, würde das Systeme vor große Probleme stellen (z.B. ist der demographische Wandel in Deutschland jetzt schon eine Belastung für das Krankenkassen- und Rentensystem). Zudem ist die Frage welche ethisch vertretbaren Maßnahmen den Bevölkerungszuwachs stoppen sollen. (3)

 

(1) Ritchie & Roser (2020)

(2) Stein et al. (2020)

(3) Niranjan (2020)

4

These: Es gibt Lösungen, wie Klimaschutz technisch umgesetzt werden kann und bezahlbar ist. Aber wir müssen schnell handeln. 06:54

Wir brauchen fossile Energieträger. Erneuerbare Energie ist zu teuer, nicht zuverlässig und es gibt nicht genug davon.

Faktencheck

Eine hundertprozentige Versorgung Deutschlands mit erneuerbarer Energie ist im Prinzip technisch möglich. Dies erfordert jedoch insbesondere einen reduzierten Heizwärmebedarf, was durch flächendeckende energetische Gebäudesanierung umgesetzt werden kann. (1) Außerdem müssen Speicher und Netze gebaut werden, um eine zuverlässige Versorgung mit erneuerbaren Energien zu gewährleisten. (2) Ohne ausreichende Speicherkapazitäten und Netze können Photovoltaikanlagen und Windkraft zwar den Verbrauch fossiler Brennstoffe reduzieren, jedoch nicht gänzlich ersetzen, da an windstillen und sonnenarmen Tagen am entsprechenden Ort keine Energie produziert werden kann. (3) Bezüglich der Finanzierung von erneuerbaren Energien, sind die Kosten für Aufbau und Erhalt etc. nicht höher, als jene Kosten, welche für die Versorgung durch fossile Brennstoffe anfallen. (1) (4) Fördersysteme und/oder zusätzliche Anreize, z.B. ein Investitionszuschuss für Solarenergie, Windkraft oder E-Autos, spielen aber eine wichtige Rolle, (5) um schnell die nötigen Investitionen in der Umwelt- und Klimaschutzbranche auszulösen. (6)

Um den Ausbau von Wind- und Solaranlagen voranzutreiben, besteht die Notwendigkeit die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen.Zwar sind rund 60% der Bevölkerung in Deutschland für eine Energiewende, jedoch gibt es z.B. gegenüber Windrädern in der eigenen Nähe oft Vorbehalte. (7) Ein Schritt kann die Einbeziehung betroffener Gemeinden in den Planungsprozess sein. Modelle wie Vergenossenschaftlichung von Windanlagen können die Menschen vor Ort von reinen Konsumenten zu Produzenten, Betreibern, Investoren und Konsumenten zugleich machen. (8) Auf lange Sicht sind Gemeinden dadurch nicht mehr vom Weltmarktpreis für z.B. Erdöl abhängig und behalten die Wertschöpfung in der Region. Es könnten so 50-100 Milliarden Euro eingespart werden, die sonst für Energieimporte (Öl, Erdgas) ausgegeben würden. (3)

 

(1) Henning & Palzer (2012)

(2) Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. München: oekom

(3) Wirth (2021)

(4) Kost et al. (2021)

(5) George et al. (2020)

(6) UBA (2018)

(7) Hübner et al. (2020)

(8) Rößler (2020): Entwicklung durch die Nutzung erneuerbarer Energien. Vorlesung im Fach „Geographie der peripheren Räume“, Universität Marburg

Die meisten "grünen" Technologien sind noch nicht ausgereift. Wir sollten erstmal weitere Forschung betreiben, bevor wir irgendetwas umstellen.

Faktencheck

Bereits 2013 machten Umwelttechnologien aus den Bereichen nachhaltige Mobilität, Energieeffizienz, Abfall- und Kreislaufwirtschaft u.a. circa 13 Prozent des deutschen Bruttoinlandproduktes aus. Grüne Technologien sind also schon längst da und werden schon in naher Zukunft auch auf „klassischen Märkten“ (z.B. Automobilindustrie) eine Schlüsselrolle spielen (1).

Was sicher ist: Um das 1,5°C Ziel zu erreichen und damit schlimmere Folgen des Klimawandels abzuhalten bleibt uns keine Zeit um auf die „perfekte“ Lösung zu warten. Dies gilt schon deshalb, weil große Umstellungen nicht von heute auf morgen passieren, sondern viel Vorlauf brauchen. Wenn sie nicht heute begonnen werden, sind sie in zehn oder zwanzig Jahren nicht beendet, was aber notwendig ist. (2)

 

 

(1) UBA (2018)

(2) Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. München: oekom

"Grüne" Technologien, z.B. E-Autos, verbrauchen so viele Rohstoffe und Energie, dass sie der Umwelt gar nichts nützen.

Faktencheck

Vieldiskutiert ist gerade das Thema Elektroautos: Bereits heute, wenn Elektroautos mit dem aktuell „normalen“ deutschen Strommix, geladen werden, reicht die Spannweite der CO2-Einsparung von 28 % gegenüber Oberklassewagen Diesel bis hin zu 42% Einsparung gegenüber einem Kleinwagen Benziner. Hierbei hat die Herkunft des Ladestroms den größten Einfluss auf die Treibhausgas(THG)-Bilanz  von batteriebetriebenen-elektrischen Fahrzeugen. So lassen sich die THG-Emissionen mit Ladestromstrom aus erneuerbaren Quellen um ca. 70 % reduzieren. (1) Perspektivisch besitzen E-Autos einen noch größeren Klimavorteil gegenüber konventionellen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, weil sie während ihrer zukünftigen Nutzungsdauer von der Verbesserung bei der Stromerzeugung profitieren. Je mehr also in erneuerbare Stromerzeugung investiert wird, desto besser wird die Klimabilanz von Elektroautos (auch von bereits produzierten) (2)

Die Art der Batterieproduktion ist die wichtigste Größe bei der THG-Bilanz von E-Autos. Wird bei der Batterieherstellung nicht auf Nachhaltigkeit geachtet, sind die Emissionen in der Fahrzeugproduktion größer, als bei konventionellen Fahrzeugen (Diesel, Benziner). Allerdings kann auch dies durch die Nutzung erneuerbarer Energien bei der Batterienherstellung und effizientere Fertigungsprozesse um 30 bis 50% gemindert werden. (1)

Bei Klein- und Mittelkassenfahrzeugen sind die THG-Bilanzen im Schnitt spätestens nach zwei bis drei Jahren positiv, d. h. ab diesem Zeitpunkt haben die Einsparungen pro Kilometer die höheren THG-Emissionen bei der Fahrzeugproduktion überstiegen. Bei Oberklassen-Fahrzeugen liegt dieser Wert zwischen drei und sechs Jahren. (1)

Die Rohstoffgewinnung für Batterien, wie z.B. der Abbau von Lithium sind teilweise sozial und ökologisch problematisch. (3) Das gilt aber auch für alle anderen Rohstoffe, z.B. für den Kohleabbau oder die Erdölgewinnung. (4) Umso wichtiger ist es Batterien möglichst lange weiterzuverwenden und Rohstoffe wie z.B. Lithium konsequent zu recyclen. (5) Die Lithiumproduktion kann in Zukunft sehr viel ökologischer stattfinden und es wird auch an neuen Batterienarten geforscht (6).

Für die Umwelt wäre es am besten gar keine Autos zu haben, weshalb in fast allen Konzepten zur Verkehrswende die Reduktion des Individualverkehrs eine große Rolle spielt. Wenn wir aber weiterhin Autos nutzen wollen, dann sind E-Autos den Verbrennern vorzuziehen. (2)

 

(1) Wietschel et al. (2019)

(2) Agora Verkehrswende (2019)

(3) Müller (2018)

(4) Jackson (2014)

(5) Harper et al. (2019)

(6) Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. München: oekom

Wer soll für Klimaschutz bezahlen? Die Umstellungen sind viel zu teuer.

Faktencheck

Große Investitionen sind nötig, auch und gerade von staatlicher Seite. Wenn wir keinen Klimaschutz betreiben, werden die Kosten jedoch noch höher. Von Anlegern auf dem Aktienmarkt wird beispielsweise geschätzt, dass fehlende oder zu spät umgesetzte Klimaschutzmaßnahmen den Unternehmen und Investoren 1,2 Billionen US-Dollar kosten werden. (1) Auch für den deutschen Bundeshaushalt entstehen erhebliche Kostenrisiken. (2)

Schon im vierten Sachstandbericht des IPCC von 2007 wird die Wirtschaftlichkeit von Emissionssenkungen hervorgehoben. (3) Im fünften IPCC Bericht wird davon ausgegangen, dass selbst sehr deutliche Emissionssenkungen das Wirtschaftswachstum höchsten von 1,6 auf 1,56% oder von 3,0 auf 2,86% reduzieren würden. (4) Zu ähnlichen Ergebnissen konkret im Bezug auf Deutschland kommt eine große Studie im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). (5) In diesen Studien sind die positiven Nebenwirkungen von Emissionssenkungen noch garnicht berücksichtigt, z.B. geringere ökonomische Schäden durch ausbleibende Extremwetterereignisse wie Tsunamis. Es könnte also auch zu noch geringeren Einbußen kommen. (6) Langfristig gesehen liegen die Kosten von Klimaschutz für die ganze Gesellschaft deutlich unter jenen, die ein „Weiter So“ - also ein ungebremster Klimawandel - mit sich bringen würden. (7) Wie die Kosten gesellschaftlich verteilt werden, ist eine Frage, die gesellschaftlich und politisch diskutiert und entschieden werden muss.

 

(1) UNEP FI (2019)

(2) Agora Verkehrswende (2018)

(3) IPCC (2007)

(4) IPCC (2014)

(5) Gerbert et al. (2018)

(6) Siehe zusammenfassend insbesondere Nuccitelli/Klimafakten (2015)

(7) Kompas et al. (2018); siehe auch Klimafakten (2017)

Klimaschutz gefährdet Arbeitsplätze.

Faktencheck

Dies trifft teilweise zu, gleichzeitig werden Klimaschutztechnologien- und -dienstleistungen viele neue Arbeitsplätze schaffen. Leitmärkte werden Energiewirtschaft, Energieeffizienz und klimafreundliche Mobilität sein. Generell wirkt sich der durch die Energiewende angestoßene Strukturwandel positiv auf die Anzahl von Menschen in einem Job aus. So sollen laut Szenario im Jahr 2050 43.000 Menschen mehr in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wenn die Energiewende vorangeht, als wenn sie nicht passiert. (1) Besonders das Baugewerbe wird durch notwendige Gebäudesanierungen profitieren. Auch in Sektoren der Elektrizitäts-, Wärme-, Kalte und Gasversorgung werden neue Arbeitsplätze geschaffen. (2)

Jedoch werden manche Branchen leiden: Beispielsweise werden in der Automobilindustrie und im Kohle- und wahrscheinlich auch im Atombereich zukünftig deutlich weniger Arbeitnehmer gebraucht.

Insgesamt kann jedoch festgehalten werden, dass Klimaschutz wohl eher positive Effekte auf den Arbeitsmarkt hat. (3)

 

(1) Hoch et al. (2019)

(2) Energiezukunft (2019)

(3) Gerbert et al. (2018); Prognos AG (2019)

5

These: Durch den Wandel bieten sich auch Chancen. 07:17

Klimaschutz ist sozial ungerecht – vor allem die Ärmeren müssen zahlen

Faktencheck

Klimaschutz an sich ist nicht ungerecht. Es kommt auf die Maßnahmen an, die getroffen werden. Zum Beispiel wären von einer CO2 -Steuer ohne Ausgleichsmaßnahmen besonders ärmere Menschen betroffen, die sich keine Investitionen in Elektroautos oder Häusersanierung leisten können. (1) Jedoch kann ein sozialer Ausgleich geschaffen werden. So würde beispielsweise durch eine Klimaprämie das Geld, das der Staat durch einen Treibhausgaspreis einnimmt, mit einem fixen Betrag pro Person (inklusive Kinder) zurückgezahlt. Diejenigen, die eher klimafreundlich leben, könnten dabei insgesamt sogar ein Plus machen. Da Menschen mit geringem Einkommen sich tendenziell weniger klimaschädliche Güter und Dienstleistungen (z.B. Fernflüge) leisten (können), würden sie auch unter dem Strich am meisten von einer solchen Regelung profitieren. Durch solche Maßnahmen entsteht eine Lenkungswirkung für klimafreundliches Verhalten, ohne sozial Schwächere ungerecht zu belasten. (2)

Während es eine Frage der politischen Gestaltung ist, ob Klimaschutz ärmere Menschen belastet oder nicht, ist es sicher, dass unterlassener Klimaschutz den Ärmeren am meisten schaden wird. Global betrachtet sind vor allem ärmere Länder und in Deutschland ärmere Bevölkerungsgruppen am stärksten und schnellsten von den Folgen des Klimawandels betroffen, da sie sich keine Schutz- und Kompensationsmaßnahmen leisten können, keine Versicherungen oder Rücklagen haben. (3)

Beim Zusammendenken von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit können möglicherweise Postwachstums-Konzepte eine Rolle spielen. Sie setzen darauf alternative Wirtschaftsweisen auszuprobieren, die nicht mehr auf Wachstum setzten, sondern soziale Gerechtigkeit, Stärkung von Demokratie, ökologische Nachhaltigkeit, und ein gutes Leben für alle in den Vordergrund zu stellen. (4)

 

(1) Troost & Ötsch (2019)

(2) BMU (2019)

(3) z.B. Redanz (2019)

(4) siehe z.B. Fritz & Bohnenberger (2020); Ekardt (2019)

 

Klimaschutz muss mit anderen Gütern und Werten abgewogen werden.

Faktencheck

Das ist natürlich richtig. Im Einzelnen ergeben sich teilweise Zielkonflikte z.B. hinsichtlich von Flächennutzung (Wiedervernässung von Mooren vs. intensive landwirtschaftliche Nutzung der Flächen) oder hinsichtlich der Rohstoffgewinnung für Elektroautos (teilweise problematische lokale ökologische und soziale Folgen). (1) Es ist wichtig im Einzelnen möglichst gute Lösungen gefunden werden. Gleichzeitig ist klar, dass der Klimawandel selbst gerade diejenigen Werte in dramatischer Weise bedroht, die mit einzelnen Klimaschutzmaßnahmen in Konflikt geraten können, zum Beispiel Artenvielfalt, wirtschaftliche Stabilität oder demokratische Prinzipien. (2) Anders herum ist Klimaschutz grundsätzlich für die Werte, mit denen einzelne Klimaschutzmaßnahmen im Konflikt stehen können, förderlich. So können u.a. gerade Ernährungssicherheit, Gesundheit, Biodiversität und Armutzbekämpfung und Armutzsbekämpfung von konsequentem Klimaschutz profitieren. (3)

 

(1) Deutscher Bauernverband (2020); Müller (2018); Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. München: oekom

(2) Siehe insbesondere die Punkte: "Die Folgen des Klimawandels sind gar nicht schlimm", "Das Klima hat sich immer schon geändert. Mensch und Natur können sich doch anpassen." und "Andere Themen sind viel wichtiger: Arbeitslosigkeit, Armut, Krieg…"

(3) Siehe auch Deng et al. (2018)

Klimaschutz schränkt die Freiheit ein, zum Beispiel Verbote von Autos in Innenstädten.

Faktencheck

1) Ob und in welcher Form Klimaschutz Freiheit einschränkt, hängt von der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen ab. 2) Es kommt darauf an, was man unter Freiheit versteht und wessen Freiheit gemeint ist. Autoverbotszonen für Innenstädte schränken einerseits die Freiheit ein, mit dem Auto zu fahren, andererseits schaffen sie Freiräume für Fußgänger, Radfahrer und Geschäfte. Tempolimits schränken die Freiheit ein schnell zu fahren. Es ist aber auch eine Einschränkung der Freiheit anderer Menschen, wenn durch schnelles Fahren höhere Risiken für deren Gesundheit in Kauf genommen werden. Durch ein Tempolimit würden Menschen wahrscheinlich auch weniger gegen ihren Willen im Stau stehen und Anwohner wären weniger Lärmbelastung ausgesetzt. Klimaschutz kann Freiheiten einschränken, aber auch eröffnen: Beispielsweise können Menschen ganz unmittelbar von besserem öffentlichen Nahverkehr und einem Ausbau des Bahnnetzes profitieren, wie auch von weniger Staus und weniger LKWs auf den Straßen, wenn wieder mehr Verkehr auf die Schine verlagert wird. Die Umstellung auf erneuerbare Energien kann u.a. Deutschlands Abhängigkeit von Energieimporten verringern, Energiepreise können mittelfristig sogar deutlich niedriger sein als jetzt und die Luft in unseren Städten kann sauberer werden. (4)(1)

In der Debatte um die Abwägung unterschiedlicher Freiheitsrechte hat im Jahr 2021 das Bundesverfassungsgericht ein folgenschweres Urteil gefällt. Da unterlassener Klimaschutz die Freiheit der jungen und zukünftigen Generationen weltweit einschränkt ist wirksamer Klimaschutz aus dem Grundgesetz heraus zwingend nötig, um die Freiheit auch in Zukunft zu schützen. Je früher damit begonnen wird, desto mehr Handlungsspielraum bleibt dabei. (3)

 

(1) z.B. Hartmann (o.J.)

(2) z.B. Fratzscher (2019); siehe insbesondere auch die Punkte: "Die Folgen des Klimawandels sind gar nicht schlimm", "Das Klima hat sich immer schon geändert. Mensch und Natur können sich doch anpassen." und "Andere Themen sind viel wichtiger: Arbeitslosigkeit, Armut, Krieg…"

(3) Bundesverfassungsgericht (2021)

(4) Z.B. Deng et al. (2018); Hentschel et al. (2020): Handbuch Klimaschutz. München: oekom; Rifkin(2019): Der globale Green New Deal. Frankfurt/New York: Campus

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