Was läuft noch zu „Klimaschutz und Demokratie“?

Unter "Petitionen" verstehen wir alle gesetzlich verankerten Unterschriftensammlungen, die – sofern sie genügend Unterschriften sammeln – einen bestimmten Vorschlag auf die Tagesordnung des Parlaments bringen können.

Außerdem stellen wir hier weitere Aktionen vor, die auf eine demokratische Auseinandersetzung mit der Klimakrise abzielen.

Was sind Petitionen?

Das Wort leitet sich vom lateinischen petitio (= Bittschrift) ab. Menschen richten dabei eine Bitte an eine zuständige Behörde oder Institution, beispielsweise den Bundestag. Konkret geschieht dies durch Sammlung von Unterschriften.

Das Petitionsrecht ist auf allen politischen Ebenen bekannt, die Bezeichnungen unterscheiden sich allerdings:

  1. Bundesebene: Petition an den Petitionsausschuss des Bundestages
  2. Landesebene: Unverbindliche Volkspetitionen und Volksinitiativen
  3. Kommunale Ebene: Bürger- und Einwohnerantrag
  4. EU-Ebene: Europäische Bürgerinitiative

Das Petitionsrecht besagt, dass wenn eine bestimmte Anzahl an Unterschriften gesammelt wurde, die Parlamente oder auf europäischer Ebene die EU-Kommission sich mit der Petition befassen müssen.

Neben dem direkten Effekt auf die politische Tagesordnung erhöhen erfolgreiche Petitionen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Es gibt mehrere Beispiele, die trotz der Unverbindlichkeit von geregelten Petitionen politische Veränderungen angestoßen oder abgewendet haben.

Bundestagspetitionen

Sofern Initiativen ausreichend Unterschriften sammeln, kann ein bestimmter Vorschlag auf die Tagesordnung des Bundestags gebracht werden. Hierfür gibt es die Petition an den Petitionsausschuss des Bundestages. Mehr Infos.
 

Aktion „Abstimmung 21“

ABSTIMMUNG21 ist ein Demokratie-Experiment zum Thema „Bundesweite Volksabstimmung“. Am Beispiel von vier Themen soll gezeigt werden, wie eine bundesweite direktdemokratische Abstimmung zu einer Sachfrage ablaufen könnte. Ein Thema ist die Klimafrage.

So funktioniert ABSTIMMUNG21

• Parallel zur Bundestagswahl ermöglicht ein Bündnis aus sechs Organisationen (change.org, Democracy International, German Zero, Mehr Demokratie, OMNIBUS für direkte Demokratie, openPetition) eine selbstorganisierte bundesweite Volksabstimmung.

• Abgestimmt wird über vier Themen:

1. Bundesweite Volksabstimmungen

2. Doppelte Widerspruchsregelung bei Organspenden

3. Einführung eines gemeinwohlorientierten Krankenhaus-Finanzierungsystems

4. Klimapaket zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels bis zum Jahr 2035

Die Themen 1 und 4 hat das Bündnis ausgesucht, die anderen beiden wurden in einer offenen Abstimmung über die Plattformen von change.org und openPetition ausgewählt.

• Teilnehmen können alle interessierten Wahlberechtigten sowie Jugendliche ab 16 Jahren.

• Wer Abstimmungsunterlagen bestellt, bekommt sie Mitte August zugeschickt. Die Abstimmung findet als reine Briefwahl statt.

• Die Ergebnisse werden zur Bundestagswahl vom ABSTIMMUNG21-Bündnis öffentlichkeitswirksam bekanntgegeben.

Abstimmungsunterlagen über Mehr Demokratie bestellen.

Webseite zur Aktion

Warum bundesweite Abstimmungen - zum Beispiel zu Klimathemen - sinnvoll sind? Mehr erfahren.

 

 

Sonstige Unterschriftensammlungen

Initiativen können auch ohne gesetzliche Grundlage Unterschriften sammeln, um einzelne Akteure wie z.B. Minister:innen direkt anzusprechen oder um generell die Öffentlichkeit auf ein Thema aufmerksam zu machen. Neben der klassischen Unterschriftensammlung auf Papier bieten seit einigen Jahren Online-Plattformen wie openPetition oder Change.org die Möglichkeit, dass Initiativen online Unterschriften für Ihr Anliegen sammeln können. So können auch ohne große Infrastruktur Unterstützer:innen gewonnen werden.

Klima-Pledge

Der „Klima-Pledge“ ist eine Aktion des Kampagnen-Netzwerks campact, die von mehreren großen Organisationen, z.B. dem BUND, unterstützt wird. Die Unterschreibenden versprechen bei der Bundestagswahl im September die Partei zu wählen, die das beste Programm in Bezug auf Klimaschutz vorlegt. Damit soll die Aufmerksamkeit für das Thema gestärkt werden und die Wahl im September zu einer „Klima-Wahl“ werden.

Klagen für das Klima

Ist Klimaschutz ein Recht, das vor Gericht eingeklagt werden kann?

Im April 2021 fällte das Bundesverfassungsgericht ein viel beachtetes Urteil. Es entschied, dass das Ende 2019 beschlossene Bundes-Klimaschutzgesetz in Teilen dem Grundgesetz widerspricht. Das Verfassungsgericht verpflichtete den Gesetzgeber, bis 2022 nachzubessern und konkrete Ziele für die Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes auch für die Zeit nach 2030 festzulegen.

Das Urteil enthält darüber hinaus wichtige Aussagen zum Verhältnis von Grundgesetz und Klimaschutz, die einen verbindlichen Rahmen für politische Entscheidungen bilden:

1. Der deutsche Staat ist verpflichtet, seinen Teil dazu beizutragen, die Klimaerwärmung zu begrenzen, um schwere Schäden an der natürlichen Lebensgrundlage von Mensch und Tier zu verhindern. Dazu sind die Ziele des Pariser Abkommens aus rechtlicher Sicht angemessen. Das heißt, dass die Klimaerwärmung auf möglichst 1,5 Grad, jedenfalls deutlich unter 2 Grad begrenzt werden muss.

2. Um dieses Ziel zu erreichen, muss Deutschland sich einerseits darum bemühen, in Zusammenarbeit mit anderen Staaten internationale Lösungen dafür zu finden, dass insgesamt nicht zu viel Treibhausgas ausgestoßen wird. Andererseits muss Deutschland unabhängig davon in jedem Fall seinen eigenen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

3. Dieser eigene Beitrag zum Klimaschutz muss darin bestehen, innerhalb der nächsten Jahrzehnte treibhausgasneutral zu werden, also in der Summe nicht mehr Treibhausgas in die Atmosphäre freizusetzen, als ihr (z.B. durch Pflanzen) entzogen werden. Das heißt insbesondere, dass es nicht genügt, nur weniger Treibhausgase auszustoßen als bisher, solange in der Summe immer noch mehr Treibhausgas ausgestoßen, als der Atmosphäre entzogen wird.

4. Wann genau Deutschland treibhausgasneutral wird, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass Deutschland bis dahin insgesamt nur noch eine bestimmte Menge Treibhausgase (”Restbudget‛) ausstoßen darf.

5. Die Politik muss schon heute plausible Pläne dafür vorlegen, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Es ist nicht zulässig Klimaschutz heute ”auf die Lange Bank‛ zu schieben um vergleichsweise milde Einschränkungen heute zu vermeiden. Denn dann würde das noch zur Verfügung stehende Treibhausgas-Restbudget zu schnell ”aufgebraucht‛ und die Klimaziele wären nur noch mittels drastischer Einschränkungen erreichbar.

Durch das Grundgesetz ist der Gesetzgeber somit dazu verpflichtet, wirksamen Klimaschutz zu betreiben, der sich an den Zielen des Pariser Abkommens orientiert. Wie diese Ziele erreicht wird – z.B. in welchen Lebens- bzw. Wirtschaftsbereichen besonders schnell der Treibhausgasausstoß gesenkt wird und wie die klimaneutrale Gesellschaft in Zukunft gestaltet werden soll –  bleibt jedoch eine Frage für politische Entscheidungen.

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